Selbstführung statt Selbstverlust – Wie ich lernte, mich selbst zu halten
„Liebe den Weg so sehr wie das Ziel.“ – KYO
Wenn Wissen nicht reicht
Wenn du dich schon mal gefragt hast, warum du so vieles weißt, aber trotzdem im Gefühl stecken bleibst – dann wirst du verstehen, was ich gelernt habe.
In den letzten Monaten habe ich schmerzlich gelernt, wie Selbstführung geht.
Ich habe vorher immer gedacht: „Das kann ich nicht.“
Das fing an bei
„Ich kann nicht auf Süßigkeiten verzichten.“
Süßes gab es immer, wenn ich mich belohnen wollte, weil ich etwas gut geschafft hatte. Oder wenn ich mich gestresst oder traurig fühlte und meine Emotionen und schlechte Stimmung regulieren musste. Stressig fand ich besonders die Tage, an denen ich zu viele Termine mit und für die Kinder organisieren musste. Sehr herausfordernd war es, mehrere Termine gleichzeitig handeln zu müssen.
Es endete bei: „Ich bin meinen Emotionen und Gefühlen so ausgeliefert.“
Egal welche Emotion. Welches Gefühl. Andere Menschen haben einen Gefühlsball in den Händen. Ich bin mittendrin in einem Riesenball aus Gefühl.
Ich fühlte mich meiner Wut über mich und andere hilflos ausgeliefert. Ich war überfordert und konnte mich oft selbst nicht halten. Geschweige denn die Emotionen meiner Kinder. Das war in der Autonomiephase und in der Pubertät wirklich eine Challenge.
Und da gibt es noch unendliche weitere Situationen, in denen ich mich irgendwelcher Hilfsmittel bedient habe, um klarzukommen.
Jetzt denke ich: „Geht doch!“
Der Wendepunkt: Radikale Eigenverantwortung
Das oben erwähnte schmerzliche Lernen hat mich gezwungen, mich noch mal anders mit dem Thema Selbstregulation und Selbstführung zu beschäftigen.
Ich war mit einer Situation ganz alleine. Und es hat lange gedauert, bevor ich jemandem davon erzählt habe.
Wie das so ist, wenn man eigentlich seine Emotionen nicht halten kann und trotzdem so tut, als sei man stark.
Na so ganz stimmt das nicht mehr.
Zum Glück habe ich mich in den zwei Jahren vorher intensiv mit mir selbst auseinandergesetzt.
Ich verstand meine Wut und meine Angst. Ich verstand meine Hilflosigkeit.
Und entdeckte die radikale Eigenverantwortung.
Die Wut löste sich plötzlich in Luft auf, und die Angst, gesehen zu werden und für falsch befunden zu werden, flog davon.
Die Hilflosigkeit nahm ihre Schuhe, drehte sich in der Tür noch mal um und sagte: „Du brauchst mich ja jetzt nicht mehr.“
Allein – und plötzlich frei
Mit der radikalen Eigenverantwortung tauchte das Gefühl auf, vollkommen allein auf der Welt zu sein. Ich war mit mir selbst.
Das verwandelte sich in die Erkenntnis: „Ich kann alles machen, was und wie ich es will. Ich schreibe ein neues Drehbuch und drehe den Film über mich selbst neu. Ich spiele die Hauptrolle in meinem Film selbst. Das wird kein anderer mehr tun!“
Mit dem Fazit aus dem Höhlengleichnis von Platon – meine Wirklichkeit ist eine andere als die vieler Menschen um mich herum – war auch der Drang weg, mich erklären zu müssen und andere von meiner Sicht überzeugen zu wollen. Damit ich mich nicht so alleine fühle.
Emotionen halten – statt sie zu bekämpfen
Diese Grundlage war es, die das Lernen der Selbstführung vielleicht erst möglich gemacht hat.
Mir fiel auf, dass ich meine Emotionen halten konnte. Dass ich sie regulieren konnte, auch wenn sie erstmal sehr groß waren.
Dass ich dafür niemanden brauchte.
Übung macht Selbstführung
Heute übe ich, meine Stimmung zu steuern.
Indem ich meine Entschlossenheit stärke. Und mich immer wieder dafür entscheide, kleine Glücksmomente aneinanderzureihen. Mich zu erinnern, wer ich sein möchte. Meinen Körper mit Bewegung und Singen zu aktivieren.
Ich bleibe nicht mehr in schlechten Stimmungen hängen. Ich komme viel schneller wieder heraus.
Analysieren, entscheiden, führen
Ich habe verstanden: Selbstführung heißt nicht, alles im Griff zu haben.
Sondern da zu bleiben, wenn es wackelt.
Nicht davonlaufen, nicht betäuben – sondern hinsehen, verstehen, analysieren.
Und dann entscheiden: Ich will, dass es anders wird.
Ich prüfe meine Haltung mir selbst gegenüber.
Wie spreche ich mit mir? Führe ich Diskussionen mit mir selbst – oder treffe ich Entscheidungen?
Ich nehme meine Gefühle an die Hand und sage: Wir gehen jetzt diesen Weg.
Ich frage mich: Was will ich wirklich erreichen? Und was braucht es, um dorthin zu kommen?
Die tägliche Entscheidung
Je öfter ich das tue, desto klarer werde ich.
Ich komme schneller zurück in mein Selbstvertrauen,
in mein Gefühl von Selbstwirksamkeit.
Selbstführung statt Selbstverlust –
das ist kein Ziel, sondern eine tägliche Entscheidung.
Eine Bewegung zurück zu mir.
Und jedes Mal, wenn ich sie wähle, wird mein Leben ein Stück mehr meins.
