Vom gefangenen Paradiesvogel zur inneren Freiheit- Sonjas Weg in die Selbstbestimmung

Ein folgenschwerer Umzug Sonja bereut es bis heute, damals auf den Hof ihres damaligen Freundes gezogen zu sein. Sie hatte sich von ihrer Schwester überreden lassen. Zu dem Zeitpunkt war sie schwanger mit ihrem ersten Kind. Heute ist sie seit 26 Jahren verheiratet, ihr Mann und sie haben drei Kinder.
Der Kampf mit Krankheit und Einsamkeit Als sie sich endlich Unterstützung holt, geht es ihr mit der kürzlich aufgetretenen neurologischen Erkrankung nicht gut. Ihre ersten Sätze sind: „Ich bin auf dem Hof und in der Familie eine absolute Ausnahme. Ich habe da noch nie reingepasst. Ich bin so auffällig anders. Allein schon dadurch, dass ich trotz meiner drei Kinder recht bald wieder arbeiten gegangen bin. Das war damals nicht üblich. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich südländische Wurzeln habe, wer weiß. Selbst mein Mann sagt, dass ich anders bin. Nicht normal halt …“ Das Schlimme ist, dass ich mich selbst verloren habe. Vielleicht ist die Epilepsie deswegen entstanden.“
Die hochbegabte Frau im falschen Umfeld Im Verlauf unserer ersten Gespräche wird schnell klar, dass Sonja das Drama der hochbegabten Frau erlebt. Sie ist sehr intelligent, managt mit Geschick die Kinder, die alle drei ebenfalls sehr intelligent sind, unterstützt ihren Mann auf dem Hof und in seiner Selbständigkeit, pflegt den Schwiegervater und richtet immer wieder Feste und Geburtstagsfeiern aus. Allerdings wird ihre Leistung weder gesehen noch anerkannt, was sie sehr verletzt. Sie fühlt sich kleingemacht und entwertet von der Schwiegerfamilie und häufig auch von ihrem Mann. Dabei ist sie diejenige, die die komplexen Themen der Selbständigkeit ihres Mannes schnell erfasst und unkonventionelle Lösungen findet. Sie kann intuitiv Menschen, Situationen und mögliche Folgen etwaiger Entscheidungen sehr gut einschätzen. Obwohl alles nicht ihren Interessen entspricht, hat sie sich mit Leichtigkeit das notwendige Wissen für die Selbständigkeit angeeignet und ihren Mann vor falschen Entscheidungen bewahrt.
Berufliche Herausforderungen und fehlende Anerkennung In ihrem eigenen Beruf arbeitet sie mit ihrer Ausbildung in einem anderen Bereich auf dem Niveau einer Sozialpädagogin, was ihr Arbeitgeber zum einen einfach von ihr fordert und dann auch ganz selbstverständlich in Anspruch nimmt. Statt Anerkennung wird sie aufgrund neuer Gesetzgebung ohne Information nach Jahrzehnten degradiert.
Unverstandene Intelligenz und soziale Isolation Sie vermutet, dass die anderen sie anstrengend finden und mit ihr nichts anfangen können, da sie die Verstrickungen der Schwiegerfamilie schnell durchschaut und diese bei Bedarf benennt. Sie beschäftigt sich mit Themen, die ihr Umfeld als zu schwierig empfindet und ihr vorwirft, schwarz zu malen und generell zu übertreiben. Mainstream löst bei ihr Widerspruch aus, und sie legt großen Wert darauf, selbst zu denken, Dinge zu hinterfragen und eigene Recherchen anzustellen, um Themen einordnen zu können. Gesprächspartner auf Augenhöhe hat sie nicht, und auch die wenigen Freundinnen verschwinden mit der Zeit. Sie fühlt sich gefangen auf diesem Hof und hat keine Idee, wie sie aus diesem „Käfig“ wieder herauskommen und sich selbst wiederfinden kann. Der Rückzug in ihr Inneres ist für sie sowohl einengend als auch notwendig.
Selbsterkenntnis durch Hochbegabung und Hochsensibilität Was ihr hilft, zu verstehen, warum sie sich so anders und wie ein Paradiesvogel fühlt, ist das Thema Hochbegabung und Hochsensibilität. Anfangs war sie sehr skeptisch, da sie sich selbst nicht als sonderlich intelligent wahrnahm. Doch dann wurde sie neugierig und fing an, sich mit den Themen auseinanderzusetzen. Inzwischen findet sie, dass die Erklärungen ihr helfen, sich selbst besser zu verstehen, und es ergeben sich überraschend neue Erkenntnisse.
Neue Perspektiven und der Weg in die Freiheit Sie konnte sich bis vor Kurzem überhaupt nicht vorstellen, ihren Job zu kündigen. Doch nun möchte sie nicht mehr einfach aushalten und sich mit ihrer Degradierung abfinden. Sie kann sich neuerdings vorstellen, etwas ganz anderes zu machen, und schmiedet bereits Pläne, wie sie ihren stets hungrigen Geist herausfordern und füttern kann.
Ein Neuanfang mit Hoffnung Das Beste ist, dass sich die Beziehung zu ihrem Mann ebenfalls wieder verbessert und sie auch hier neue Perspektiven gewinnt. Tja, wer hätte es gedacht? Paradiesvögel können fliegen – und zwar dahin, wohin und wie hoch sie wollen. Und dann, wann sie wollen. Selbstbestimmt und autonom. Unsere Zusammenarbeit gibt ihr einen Raum, in dem sie sich sortieren, neu orientieren und mit neuen Entscheidungen losgehen kann.